Die Ärzte haben nur ihre Sichtweise
fiktiven Brief an einen Arzt spezialisiert auf Cerebral Parese
Sehr geehrter Herr Doktor
Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar für die Empfehlung für die Hilfsmittel für mich und meine Tochter. Mein Leben wurde durch Ihre Ratschläge positiv beeinflusst. Ich habe keinen Spitzfuss mehr und kann wenn ich mir Mühe gebe, ganz gut gerade auslaufen - wenns sein muss auch schnell. Auch meine Tochter profitiert sicherlich von Korsett und Orthesen. Auch wenn ich Ihre Unterstützung sehr schätze, stört mich eines an Ihrem medizinischen Rat. Dabei muss ich zugeben, ich weiss nicht, was Sie bewegt Ihr gesamtes berufliches Leben der Neuroorthopädie zu widmen und von Sprechstunde zu Sprechstunde zu hetzen - irgendwann werde ich Sie das noch fragen...
Was mich stört an der ganzen Sache ist, dass sie als Experte Ihrem Gegenüber stehts das Gefühl geben, sie wüssten alles und die anderen nichts - nur weil sie dipl. Profi in Neuroorthopädie sind. Physiotherapeuten, Orthopädietechniker und Eltern scheinen Sie oft nicht für voll zu nehmen. Was Ihnen jedoch fehlt, ist der Blick über den medizinischen Tellerrand. Haben Sie schon mal eine Woche mit einem Menschen mit Cerebral Parese zusammen gelebt? Ein Patient mit Cerepral Parese ist in erster Linie ein Mensch, der in seiner Familie in einem Dorf/einer Stadt gross wird. Ein Mensch der sich zu jedem Zeitpunkt entwickelt, eigene Wünsche und Bedürfnisse hat, Ziele verfolgt und sein Leben als Mensch und nicht nur als Behinderung/Beeinträchtigung lebt. Und ob Sies glauben oder nicht das Leben, der Wille etwas zu erreichen/glücklich zu sein und ein entwicklungsförderndes Umfeld ist mindestens genau so unterstützend wie Ihre Hilfsmittel und Prognosen. Sie sind nur ein Teil von vielen, welcher das Leben eines Menschen mit Cerebral Parese glücklich und zufrieden macht. Wir brauchen Ihre Hilfsmittel - auf Ihre negativen Prognosen kann ich verzichten - wir brauchen aber ein Zusammenspiel von verschiedenen unterstützenden Menschen (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Früherzieher, Marte Meo, Logopädie, Reittherapie) und vor allem brauchen wir Menschen, die uns als Mensch und nicht als Behinderung/Beeinträchtigung sehen. Wir wissen am besten, was wir brauchen - fragen sie uns!
Sie sind nur ein kleiner Teil unseres Lebens. Nehmen Sie das an und arbeiten Sie auf Augenhöhe mit Ihren Patienten, Eltern und Fachpersonen, denn so werden auch Ihre Hilfsmittel so eingesetzt, dass Sie optimal wirken können!
Freundliche Grüsse
ehemalige Patientin und Mutter